Hans-Jürgen Streich spricht über 31 Jahre Kreistag
Bericht aus der IVZ vom 12.11.2025:
KREIS STEINFURT Hans-Jürgen Streich hat sich aus dem Kreistag verabschiedet – nach über 30 Jahren politischem Engagement. Der 78-Jährige aus Ibbenbüren blickte zufrieden zurück und verspürt keinen Trennungsschmerz. Nur ein Amt übt er noch aus.
Es war ein gewöhnungsbedürftiger Anblick zuletzt im Kreistag: Bei der FDP-Kreistagsfraktion fehlte einer, der gefühlt schon immer da war: Hans-Jürgen Streich. Der langjährige Fraktionsvorsitzende aus Ibbenbüren, inzwischen 78 Jahre alt, gehörte - mit einer Unterbrechung von 1994 bis 1999 - seit 1989 dem Kreistag an. Für Menschen wie ihn wurde mal der Begriff, Polit-Urgestein“ erfunden.
Nun aber hat er aufgehört. Aus freien Stücken, das ist ihm wichtig. Ob ihm die über Jahrzehnte vertraute Kreispolitik fehlt?„Nein, gar nicht. Mir geht es gut, mir fehlt nichts!“, sagt Hans-Jürgen Streich. Trennungsschmerz verspüre er keinen, „obwohl ich immer sehr gerne Kommunalpolitik gemacht habe, weil man da so unmittelbar sieht, was man geschafft hat“.
In Ibbenbüren, seiner Heimatstadt seit 1973, hat sich der gebürtige Cloppenburger und langjährige Berufssoldat bereits Mitte 2023 aus der Ratspolitik zurückgezogen. Auch seine Ehrenämter wie der Vorsitz des Stadtsportverbands, des Regionalrats in Münster oder beim Stadtmarketing sind Geschichte. Das einzige Amt, das er noch für eine begrenzte Zeit weiter ausüben wird, ist das des Sachkundigen Bürgers für die Kreis-Partnerschaften. Ansonsten, sagt er, sei es nun an der Zeit, loszulassen.
Im Rückblick erinnert sich Streich an vieles. An den letzten Oberkreisdirektor Heinrich Hoffschulte und den letzten ehrenamtlichen Landrat Martin Stroot etwa.„Bei dessen Wahl war es sehr eng, ich bin damals extra aus einem Türkei-Urlaub zurückgeflogen, um ihn zu wählen und dann am nächsten Tag wieder in die Türkei zurückzukehren.“
Während Nina Riesenbecks Amtszeit von 1994 bis 1999 war die FDP nicht im Kreistag vertreten („uns fehlten da nur wenige Stimmen“), aber danach hat Hans-Jürgen Streich die Landräte Thomas Kubendorff, Klaus Effing und Martin Sommer politisch begleitet. Dass seine FDP aktuell schwere Zeiten durchmacht, nimmt er gelassen: „Das gab’s auch in den 80er-Jahren schon mal, das wird wieder besser. Wir Liberale sind immer Optimisten!“
Was ihn beschäftigt, ist der Umstand, dass auch bei der FDP zu wenig junge Menschen nachkommen.„Klar, Kommunalpolitik macht Arbeit und frisst Zeit“, aber sie sei auch erfüllend. Geärgert hat ihn immer mal wieder, wenn Kolleginnen oder Kollegen ihre Umschläge mit den Ausschussunterlagen, die damals noch in Papierform zugeschickt wurden, erst zu Sitzungsbeginn öffneten.„Da war klar, dass die nichts davon gelesen hatten.“
Er selbst habe die Vorlagen immer gelesen, zumindest quergelesen„,was sonst wäre bei mir als Fraktionsvorsitzender auch nicht drin gewesen“. So viel Zeit für die Politik in Kreis und Stadt, das war all die Jahre nur möglich, sagt Streich, weil seine Familie - er ist verheiratet, hat eine Tochter und zwei Enkelkinder -„immer voll dahinter stehen“.
Wer so lange in der Kreispolitik mitgemischt hat, der erinnert sich an etliche Highlights. Daran, dass man im Kreistag fast immer um die Sache gerungen und kaum mal unter der Gürtellinie ausgeteilt habe. Dass der FMO stabilisiert werden konnte. Dass der Umwelt- und Klimaschutz fest in der DNA des Kreises verankert werden konnte. Dass das Kloster Gravenhorst zu einem Leuchtturm der Kultur umgestaltet werden konnte. Dass die Landwirtschaft gestärkt werden konnte.
Kreishaushalte, die die Kommunen nicht überforderten, die Kreispartnerschaften, die unterm Strich passable Infrastruktur im Kreisgebiet, die Bewältigung der Flüchtlingssituation 2015 und natürlich der Coronakrise 2020/21 sowie die alles in allem gute Ausstattung der kreiseigenen Berufskollegs sind weitere Politikfelder, auf die Streich recht zufrieden zurückblickt. Ach ja, die Wiedereinführung des heute so beliebten TE-Kennzeichens, die schreibt er sich und seine Fraktion ebenfalls auf die Fahne: „Das haben wir im Jahr 2013 beantragt!“
Am Ende des Gesprächs nochmal die Nachfrage nach dem politischen Trennungsschmerz, ob der nicht langsam doch einsetze? Streich: „Nein, bisher noch nicht!“