„Wir sind extrem wirtschaftlich!“

Doppelstrukturen? Die FDP nimmt sich die Wirtschaftsförderung vor, doch deren Chefin wehrt sich

Von Michael Hagel

KREIS STEINFURT. Haben sich mit dem Wirtschaftsförderungsamt des Kreises und der Wirtschaftsförderungsund Entwicklungsgesellschaft Steinfurt mbH (WESt) in Sachen Wirtschaftsförderung wirklich ineffiziente Doppelstrukturen gebildet? Die FDP-Kreistagsfraktion und deren Vorsitzender Hans-Jürgen Streich behaupten genau das – und fordern deshalb in einem Antrag die Zusammenführung beider Institutionen. „Wir finden, die WESt muss wieder zurück zur klassischen Förderung der Wirtschaft, zur Standortsicherung und Flächenvermarktung. Nicht hier ein Start-up und da ein Start-up“, sagt Streich. Das Kerngeschäft finde nämlich kaum noch statt, meint der FDP-Mann. „Selbstverständlich findet das statt!“, entgegnet WEStGeschäftsführerin und Wirtschaftsförderungsamts-Leiterin Birgit Neyer. Die insgesamt 22 Köpfe beider Institutionen seien schon jetzt in einem Gebäude untergebracht, man begreife sich als Dienstleister für die Wirtschaft und sei so aufgestellt, dass moderne Wirtschaftsförderung ebenso wie Beratung und Fördermittelakquise bei der WESt angesiedelt seien. Im Amt hingegen sei der wichtige Glasfaser- und Mobilfunkausbau gut aufgehoben. „Wir sind auch im regionalen Vergleich extrem wirtschaftlich und zudem so effizient wie nur irgendmöglich ausgerichtet“, sagt Birgit Neyer. Hans-Jürgen Streich bleibt indes dabei: „Doppelstrukturen sind unwirtschaftlich. Sie binden nicht nur personelle Ressourcen, sondern sie schaffen auch unterschiedliche Prozesse. Dadurch kosten sie nicht nur mehr, sondern man verliert auch leichter die Übersicht, wer was unterstützt und fördert. Das frustriert nicht nur die Mitarbeiter in der Wirtschaftsförderung und auch die Antragsteller verstricken sich in der Unübersichtlichkeit und sind am Ende frustriert.“ Neyer widerspricht erneut: „Weder Mitarbeitende noch Antragsteller sind frustriert. Herr Streich ist herzlich eingeladen, sich unsere Arbeitsweise vor Ort anzuschauen.“ Mit Streichs Ziel, „durch eine Straffung der Strukturen wieder mehr Übersichtlichkeit zu schaffen“, hat Neyer kein Problem, im Gegenteil: „Natürlich kann man darüber nachdenken, alles in einer GmbH zu bündeln, vielleicht sind wir damit sogar näher an manchem Unternehmen dran, aber in Sachen Effizienz würde sich da kaum etwas ändern.“ „Herr Streich ist herzlich eingeladen, sich unsere Arbeitsweise mal vor Ort anzuschauen.“ Birgit Neyer, WESt und Wifö Zudem koste das einiges an Beratungsgeld. Neyer: „Im Prinzip sind WESt und Wirtschaftsförderung ja schon jetzt zusammengelegt.“ Hans-Jürgen Streich will seinen Antrag nicht als Teilentmachtung von Birgit Neyer verstanden wissen, gleichwohl fordert er beinahe ritualhaft: „Wir wollen eine schlankere Verwaltung, ohne dass dadurch Effekte für die Wirtschaftsförderung verloren gehen.“ Kommenden Montag habe er dazu einen Gesprächstermin mit der für die Wirtschaftsförderung zuständigen Kreisdirektorin Alexandra Dorndorf. Behördenchef und Landrat Dr. Martin Sommer sagt dazu auf Nachfrage lediglich: „Das ist ein Prüfauftrag der FDP an die Verwaltung, dem wir nachkommen werden.“ Auch die Hinzuziehung von Steuerfachleuten zu der Thematik sei denkbar. Sommer: „Am Ende gibt es drei Möglichkeiten: Entweder es bleibt, wie es ist, es wird eine GmbH oder es wird ein Amt.“ Doch die FDP belässt es in Sachen Doppelstrukturen nicht bei der Wirtschaftsförderung. Streich kündigt an, „in weiteren Bereichen Doppelstrukturen identifizieren und abbauen“ zu wollen. Offensichtlich sei, so sieht es der FDP-Fraktionschef, „dabei das Nebeneinander des Amtes für Klimaschutz und Nachhaltigkeit und des Vereins „energieland2050“. Hier ist Silke Wesselmann Amtsleiterin und Geschäftsführerin in einer Person. Und auch hier, glaubt Streich, würden „erhebliche Mittel des Kreises, fast 300000 Euro pro Jahr, und auch Personal bei weitgehend deckungsgleicher Ausrichtung gebunden.“ Silke Wesselmann ärgert so eine Einschätzung. „Es gibt bei uns keine Doppelstrukturen, sondern nur sich ergänzende Strukturen, die absolut Sinn machen.“ Man sei auf unterschiedlichen Ebenen unterwegs, thematisch aufgeteilt. Manche Dinge seinen mit dem Verein mit seinen schlankeren Strukturen schneller zu erreichen, andere mit dem Amt. „Es gibt ja auch eine Brücke, daher weise ich den Vorwurf doppelter Strukturen ganz klar zurück. Die könnten wir uns gar nicht leisten!“ Hans-Jürgen Streich sagt dennoch: „Der Verein sollte aufgelöst und ins Amt integriert werden.“